Veranstaltung

Algorithmen hassen das Grundgesetz

Chan-jo Jun (Würzburg)

19:00–21:00
Berliner Seminar Recht im Kontext
Humboldt-Universität zu Berlin
Juristische Fakultät, Raum: 144
Bebelplatz 2, 10099 Berlin

 


Audioaufnahme der Veranstaltung
Algorithmen hassen das Grundgesetz


Wollen wir eigentlich, dass unser Diskurs den Werten und Gesetzen des Grundgesetzes folgt oder den Regeln der Gemeinschaftsstandards von Facebook und Twitter? Die Internationalität der Sozialen Medien liefert uns die erste Herausforderung: Wir sehen, dass auch westliche Demokratien sich in ihren Wertesystemen erheblich unterscheiden. Der deutsche Vorrang der Menschenwürde, der sich etwa beim § 186 StGB auswirkt, steht im Widerspruch zur Bill of Rights und der Freedom of Speech, die sogar Verleumdung schützt. Muss deutsches Recht auf Facebook gelten? Der Fall des syrischen Flüchtlings Anas Modamani, der Facebook auf Unterlassung verklagte, stellte diese Frage an den Gesetzgeber, der mit dem NetzDG antwortete.
Natürlich verspüren Algorithmen keinen Hass auf das Grundgesetz, bestenfalls Gleichgültigkeit. Weil sie weder unmoralisch, emotional noch straffähig sind, halten wir sie aber fälschlicherweise für unbestechlich, objektiv und unverdächtig. Wenn Microsofts Twitter Bot anfängt Hitler zu huldigen, wird er nach 16 Stunden abgeschaltet, andere laufen hingegen weiter. 

Chan-jo Jun betreibt eine Rechtsanwaltskanzlei für IT-Recht mit zehn Anwälten in Würzburg. Bekannt wurde er durch sein juristisches Engagement gegen Hasskriminalität auf Facebook, mit dem er Ermittlungsverfahren gegen Mark Zuckerberg und andere Facebook-Manager ins Rollen und Facebook vor Gericht brachte. Mit seinem Team arbeitet Jun am Einsatz von künstlicher Intelligenz zur Lösung rechtlicher Aufgaben in Rechtsabteilungen. Eine besondere Spezialität liegt im Bereich des Software-Lizenzrechts, insbesondere bei Open Source Software. Zu seinen Mandanten gehören sowohl mittelständische Softwareunternehmen, als auch Automobilhersteller; ein Teil der Arbeitszeit im Team ist jedoch für unbezahltes gesellschaftliches Engagement reserviert.