Veranstaltung

Der Schwarze Tod als Motor des Rechts? Beobachtungen zum kirchlichen Recht der Vormoderne

David von Mayenburg (Frankfurt a. M.) 

19:00–21:00
Berliner Seminar Recht im Kontext


Die gegenwärtige Corona-Pandemie weckt das Interesse an früheren Seuchen, vor allem an der bislang schwersten Epidemie Europas, den „Schwarzen Tod“ von 1347-1353. Seit Jahren streitet die Wissenschaft über die Bedeutung dieses Ereignisses für die europäische Geschichte. War die Pest Motor oder Bremse des Fortschritts? Wirkte sie als Beschleunigerin von Prozessen wie Säkularisierung oder Territorialisierung? Schuf sie den modernen Glauben an die Naturwissenschaften zu Lasten des mittelalterlichen Vertrauens auf die Wirksamkeit Gottes? Wenig untersucht wurde bislang die Bedeutung der Pest für das Recht. Aus der Entfernung hat man beinahe den Eindruck, dass Rechtswissenschaft und Rechtspraxis von der demographischen Katastrophe in der Mitte des 14. Jahrhunderts völlig unberührt blieben. Der Vortrag möchte diese Beobachtung am Beispiel des Kirchenrechts einer Überprüfung unterziehen. Ausgehend von der Feststellung, dass die Pestepidemie für die Kirche eine ebenso akute wie nachhaltige Krisensituation bedeutete, soll der Frage nachgegangen werden, wie das kirchliche Recht diese Krise bewältigte. Anhand zeitgenössischer Quellenbeispiele wird zu klären sein, welche normativen Instrumente Päpste, Bischöfe, Domkapitel, Klöster und Dorfpriester gegen die Pestfolgen einsetzten: Schwieg man die Probleme tot? Griff man auf tradierte Mittel kirchlicher Krisenbewältigung zurück? Oder setzte die epidemische Situation sogar neue, kreative und zukunftsweisende Problemlösungsideen frei?

David von Mayenburg (geb. 1968) studierte zunächst Geschichtswissenschaften an der LMU München. Nach einem Gaststudium in Oxford legte er 1995 die Magisterprüfung ab. Anschließend studierte er in Bonn Rechtswissenschaften (Erstes Staatsexamen 2000, Zweites Staatsexamen 2004). 2005 wurde er mit einer rechtsgeschichtlichen Arbeit promoviert. 2012 habilitierte er sich in Bonn mit einer Studie zum Recht im Bauernkrieg 1525. Nach einer Tätigkeit als a.o. Professor an der Universität Luzern (2013) erhielt er 2014 einen Ruf an die Goethe-Universität Frankfurt a. M., wo er seither einen Lehrstuhl für Neuere Rechtsgeschichte, Geschichte des Kirchenrechts und Zivilrecht innehat. Seit 2018 ist er Mitglied des Ständigen Ausschusses des Deutschen Rechtshistorikertages.