Veranstaltung

Recht und Politik in der Covid19-Krise: Woran krankt die französische Demokratie?

Anne Jacquemet-Gauché (Clermont-Ferrand) 

19:00–21:00
Berliner Seminar Recht im Kontext


Angesichts der Corona-Pandemie reagierten die Staaten auf sehr unterschiedliche Weise. In Frankreich wird die politische und rechtliche Bewältigung der Krise in den letzten Monaten zunehmend als autoritär angesehen.
In diesem Vortrag wird die These aufgestellt, dass die Pandemie keine neuen Defizite schuf, sondern die gegenwärtigen Defizite der französischen Demokratie verstärkte: die Hyperpräsidentschaft des Regimes und die Auslöschung des Parlaments. Die Verwaltungsgerichte wurden mit einer hohen Anzahl an Rechtsbehelfen befasst, was das Misstrauen der Bürger gegenüber den Machthabern reflektiert. Eine Analyse der Rechtsprechung zeigt, dass Richter näher an der Position der Verwaltung bleiben als an der der Bürger und dem Schutz ihrer Rechte. Schließlich wirft die zeitliche Verlängerung restriktiver, bürokratischer und manchmal inkonsistenter Maßnahmen die Frage nach der gesellschaftlichen Akzeptanz dieser Maßnahmen auf.

Anne Jacquemet-Gauché ist seit 2014 Professorin für Öffentliches Recht an der Universität Clermont Auvergne und seit 2020 Mitglied des Institut Universitaire de France. 2010 wurde sie mit ihrer Doktorarbeit zum Thema „Staatshaftungsrecht in Deutschland und Frankreich“ in Grenoble promoviert. Im Anschluss daran lehrte sie als Maitre de Conférences an der Universität Paris 2, Panthéon-Assas. Sie leitet das Centre Michel de L’Hospital, das Forschungszentrum der wissenschaftlichen Fakultät Clermont Ferrand und ist für das Thema Staatshaftung der wissenschaftlichen Zeitschrift Actualité juridique, Droit administratif verantwortlich. Ihr Forschungsinteresse gilt vor allem dem französischen Staatshaftungsrecht und dem Verwaltungsrecht im deutsch-französischen Rechtsvergleich.